Wenn man dem Internet vertrauen möchte, dann können zehnjährige Kinder zunehmend abstrakter denken und sich bereits problemlos in die Gefühlslagen anderer Menschen hineinversetzen. Auch nimmt Schritt für Schritt ihr Interesse an gesellschaftlichen Themen zu, wobei sie jedoch immer noch größten Wert auf Äußerlichkeiten bei sich und anderen legen. Es lässt sich schon bei einem flüchtigen Blick erkennen, dass wichtige Fähigkeiten bei Zehnjährigen ausgebildet sind, doch weiterhin Entwicklungsbedarf besteht. Doch was kann man von einer Schule verlangen, die ihren zehnten Geburtstag feiert?
Diese Frage versuchte die Freie Gesamtschule am 30.06.2022 in Form eines Sommerfestes zu beantworten. In der besonderen Projektwoche stand nicht weniger als eine Reise rund um die Welt bevor, sodass die Schülerinnen und Schüler ein wenig internationalen Flair zum Sommerfest präsentieren konnten. So wandte sich beispielsweise eine Gruppe Israel zu, dass vielen Lernenden oftmals nur vom Namen her einen Begriff darstellte, sodass sie in den kommenden Tagen mehr über die Kultur und Geschichte dieser besonderen Region erfahren konnten. Aber auch französische Eleganz flanierte durch die Schule, da sich die Schüler der achten und elften Klasse an die Vorbereitung einer Modenschau mit passendem Musikprogramm wagte. Gleichzeitig ging es in der Turnhalle beim Kennenlernen des Taekwondo aus Korea, um die Beherrschung des eigenen Körpers, während beim kreativen Schreiben von Kurzgeschichten, die als eine Erfindung amerikanischer Autoren gelten, in produktiver Stille neue Wege eingeschlagen wurden.
In der Eröffnungsrede der Schulleiterin Anke Littmann wurde dem Engagement des Kollegiums gedankt, welches eine Schule am Leben hält, aber auch betont, dass die Schülerinnen und Schüler die Schule erst zu diesem außergewöhnlichen Ort des gemeinsamen Lernens machten. Auch der Bürgermeister Weiß betonte, wie stolz er auf die Schule war, die sich trotz mancher kritischen Stimmen zu einem Mittelpunkt des Lebens der Stadt Lützen entwickelt hatte. Anschließend gab die Schulband einen musikalischen Rahmen für die Besucher, die zwischen den unterschiedlichen Ständen entlang spazierten, sich über die Projektergebnisse informierten und die kulinarischen Besonderheiten einzelner Länder probieren konnten.
Wenn unsere Schule ein zehnjähriges Kind wäre, hätte es sicherlich mit baumelnden Beinen auf einer der Bänke gesessen, die im Schatten des Schlossparkes standen. Nur kurz hebt sich der Blick von den verfassten Kurzgeschichten, die sie sich an einem Stand besorgt hatte. Eines der Knie ist aufgeschlagen, denn manchmal fällt man auch hin, wenn man zu schnell läuft oder sich selbst überschätzt. Mit zehn Jahren kann es bereits die Gefühle der Umstehenden ziemlich gut einordnen und versteht, dass sich die meisten sehr wohl an diesem Ort fühlen. Aber trotzdem weiß die Zehnjährige, dass sie sich weiter entwickeln muss und wird, denn es gibt stets etwas zu lernen und zu verbessern. Doch da sinkt der Kopf wieder auf den Text hinab, denn die Geschichte geht noch weiter, und es wird spannend.
Autor: Tim Reinke